6. Bildungswissenschaftlicher Tag - Interaktionsprozesse im Klassenzimmer

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Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung erforderlich.
Termin 
30.11.2018 09:30 bis 20:00
Inhalt 

Das Klassenzimmer ist ein Ort voller Interaktionen – zwischen allen dort tätigen Akteuren, d.h. den SchülerInnen sowie den Lehrkräften. Beim diesjährigen Bildungswissenschaftlichen Tag geht es darum, welche Aspekte dieser Interaktion sich als besonders relevant für gelingenden Unterricht herausgestellt haben, wie diese empirisch erfasst und in der Praxis verbessert werden können. Vorträge und Workshops geben einen Einblick in den aktuellen Stand der Forschung und entsprechende praktische Implikationen.
 

Programm

Keynote I
Interaction Processes in the Classroom: Theories, Methods, Empirical Findings and Practical Implications
Prof. Dr. Jan van Tartwijk, Utrecht University & Prof. Dr. Thomas Götz, Universität Kontanz / PHTG
The classroom is a place full of interactions – both among students and between students and teachers. In this presentation, prominent theories and models on interaction processes are outlined – like a model which distinguishes the interaction dimensions of agency and communion. Further, different ways of assessing interaction processes in the classroom as well as empirical findings on what processes foster achievement outcomes and well-being at school are discussed. Finally, based on empirical findings ideas on how interaction processes can be optimized in classroom settings are outlined.

Kommentar zur Keynote
OStD Jürgen Kaz, Schulleiter, Alexander-von-Humboldt-Gymnasium Konstanz

Keynote II
Examples on how to Measure Interaction Processes in the Classroom
Prof. Dr. Tim Mainhard & Monika Donker, Utrecht University
Teacher-student interaction is one of the most prominent processes in the classroom. Next to questionnaires measuring teachers’ self-, ideal-, or students’ perception of the interaction, there are new ways to measure this interaction as an ongoing process in the classroom. Video coding can be used to capture teacher-student interaction from moment-to-moment, resulting in highly specific information on classroom processes. Analyses and visualization of these processes are insightful to compare different classrooms or teachers, and can be used in individual teacher coaching. This talk will discuss the potential of these process measures, and give some examples on how to use these measures in research and practice.

Talk
Classroom Management: How to Manage Interaction Processes in the Classroom around the World
Prof. Dr. Theo Wubbels, Utrecht University
This presentation provides an overview of the treatment of classroom management in teacher education and teaching around the world. Six approaches to classroom management are distinguished: classroom management approaches that focus on external control of behaviour, on internal control, on classroom ecology, on discourse, on curriculum, and on interpersonal relationships. This paper then presents an analysis of the six approaches across countries and cultures. No clear picture of cross-national differences in classroom management practices or pervasiveness of one of the approaches was found. The paper concludes with implications for the role of management in teacher education, particularly with regards to the relevance and appropriateness of the six models for classroom management.

Workshops
zwei Durchläufe (Sie können pro Durchlauf einen Workshop besuchen)

Keynote III
Schwärme, Herden und Schulklassen: Grundmuster tierischen und menschlichen Sozialverhaltens
Prof. Dr. Gerd Ganteför, Universität Konstanz
Die große Erfolgsstory der Evolution ist nicht das Überleben des Stärkeren, sondern die Zusammenarbeit in Gemeinschaften. Häufig sind diese Gemeinschaften hierarchisch organisiert. Es gibt eine Hackordnung aus Anführern, Mitläufern und Losern. Die Ausbildung einer Hierarchie ist instinktgesteuert. Auch das Sozialverhalten von Menschen wird von solchen Instinkten beeinflusst. Bereits in Kindergartengruppen bildet sich eine Hierarchie aus. Diese Instinkte führen ohne intellektuelle Kontrolle im schlimmsten Fall in eine Diktatur. Mobbing ist z.B. ein Auswuchs dieser Mechanismen. Die Demokratie erfordert die Kontrolle dieser Urinstinkte durch das kritische Denken. Eine wichtige Aufgabe der Lehrpersonen ist daher die Schulung des kritischen Denkens und des Hinterfragens des eigenen Verhaltens. Dazu müssen die Lehrpersonen die Lebenswelt der Kinder kennen und verstehen und müssen bereit sein auf jedes einzelne Kind einzugehen. Um das erreichen zu können dürfen die Klassen nicht zu groß sein und den Lehrern muss genügend Freiraum gegeben werden.

Discussion

 

Workshops

Workshop 1
Erfassung des Interaktionsverhaltens von Lehrkräften im Klassenzimmer
Prof. Dr. Tim Mainhard, Utrecht University
This workshop provides a hands-on opportunity to get acquainted with the interpersonal perspective on classroom processes. We will watch video fragments of several teachers and will discuss and practice with interpretating what they do. At the end oft he workshop attendees will have a good grasp on the interpersonal model and will be able to place different kinds of teacher behaviour in this model.

Workshop 2
Hands-on: Coding interpersonal teacher behaviour from moment to moment
Monika Donker, Utrecht University
Coding teacher-student interaction as an ongoing process has several advantages over general level measures at one moment in time. Video recording of classroom situations can be used to observe both teachers’ and students’ interpersonal behavior without interrupting the lesson. During this workshop, we will work with the CAID method (Continuous Assessment of Interpersonal Dynamics), that has been developed specifically for observing interpersonal behavior, and is available free of charge. A joystick device is used to code behavior from moment-to-moment, directly on the interpersonal model of teacher and student behavior. With the data, not only mean levels, but also trends and variability in behavior can be easily visualized. Also, the causes and consequences of problematic teacher-student interaction patterns can be made explicit, and concrete advise for teacher development could be given.

Workshop 3
Emotionsansteckung im Klassenzimmer
Maike Krannich & Anna-Lena Roos, Universität Konstanz
Lehrende und Lernende verbringen einen Großteil ihrer Zeit im Klassenzimmer, einem interaktiven Ort voller Emotionen. Theoretische und empirische Arbeiten zeigen Zusammenhänge von schulischen Emotionen mit Lernstrategien, Leistung, späterer Berufswahl und lebenslangem Lernen von Schülerinnen und Schülern sowie Zusammenhänge mit Unterrichtsqualität und der psychischen Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern. Da Lehrende und Lernende sich gegenseitig in ihrem emotionalen Erleben beeinflussen und anstecken können ist es unerlässlich, Emotionen nicht ausschließlich auf Schüler- oder auf Lehrerseite, zu erforschen, sondern auch die Prozesse der Emotionsansteckung zu betrachten. Im Rahmen dieses Workshops wird der aktuelle Stand der schulischen Emotionsforschung zu Beginn kurz skizziert und in einer anschließenden Praxisphase gemeinsam herausgearbeitet, warum Emotionen und vor allem Emotionsansteckung im Klassenzimmer eine überaus große Rolle spielen. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Diskussion von aktuellen und für die Praxis relevanten Forschungsarbeiten um die Arbeitsgruppe Götz.

Workshop 4
„Gender in Class“ - was wir aus psychologischen Studien für den Unterricht lernen können
Jun.-Prof. Dr. Axinja Hachfeld, Universität Konstanz
„Mädchen können kein Mathe und Jungs sind die neuen Bildungsverlierer“ – diese Vorurteile hört man immer wieder, aber stimmen sie wirklich? Welche Konsequenzen haben solche Zuschreibungen auf den Schulerfolg der Mädchen und Jungen und auf ihren weiteren Berufsweg? Und was können wir als Pädagoginnen und Pädagogen tun, wenn wir Mädchen und Jungen gleichermaßen fördern möchten? Auf diese Fragen können Ergebnisse psychologischer Forschung eine Antwort geben. Nach einem kurzen Input der Workshopleiterin,
entwickeln wir gemeinsam Handlungsempfehlungen, die sich aus den vorgestellten psychologischen Studien für unsere eigene Praxis ergeben, und diskutieren über ihre Herausforderungen.
 

Workshop 5
Heterogenität im Klassenzimmer aus der Perspektive von Person-Situation-Interaktionen
Jun.-Prof. Dr. Tobias Kärner, Universität Konstanz
Im Workshop „Heterogenität im Klassenzimmer aus der Perspektive von Person-Situation-Interaktionen“ wird zunächst die Relevanz individueller und situationaler Variationen im Klassenzimmer anhand des Beispiels schulischer Belastung und Bewältigung aufgezeigt. Weiterhin wird die Modellierung von Person-Situation-Interaktionen in Unterrichtsprozessen anhand exemplarischer empirischer Befunde veranschaulicht. Die Teilnehmenden haben anschließend die Möglichkeit, sich den vorgestellten Modellierungsansatz anhand selbst gewählter Beispiele zu erarbeiten.

Workshop 6
Unterrichtskommunikation als situierte und multimodale Ko-Konstruktion – Bildungsprozesse in ihrer Komplexität verstehen (qualitativ-rekonstruierender Zugang)
Prof. Dr. Dieter Isler, Pädagogische Hochschule Thurgau
Bildungsprozesse sind als Sinn-Konstruktionen von (unterschiedlich) sozialisierten Akteurinnen und Akteuren zu verstehen, die beim Handeln in institutionellen Kontexten interaktiv zusammenarbeiten und dabei auf alle ihnen verfügbaren Ressourcen zugreifen. Entsprechend komplex, dynamisch und singulär ist das kommunikative Geschehen im Klassenraum. In diesem Workshop rekonstruieren wir Sinn-Konstruktionen im Kindergartenalltag. Es geht darum, durch Videosequenzanalysen die roten Fäden herauszuarbeiten, die von der Lehrperson und den Kindern gesponnen werden. Unter der Videolupe wird sichtbar, was die Beteiligten beim Kommunizieren so alles tun – um sich am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen, aber auch um ihre eigenen Projekte zu verfolgen. Der Blick unter die Oberfläche hilft Lehrpersonen, Bildungsprozesse in ihrer Komplexität zu verstehen und sich mit Gelassenheit und Neugierde auf das gemeinsame Abenteuer Unterricht einzulassen.